Und wo soll es für dich beruflich mal hingehen? – keine Frage bewegt das Erwachsenwerden so sehr wie diese. Und wenn wir uns beim ersten Treffen unserem Date vorstellen, fällt der Beruf meist gleich hinter dem Vornamen. Wer wir sind oder wer wir sein wollen – dafür ist sie zentral: Die Arbeit, der wir nachgehen. Die meisten Menschen in unserem Land sind auf sie angewiesen, um sich und ihrer Familie ein gutes Leben zu ermöglichen, können nicht von fünf Mietshäusern in der Metropole oder dem geerbten Aktienfond oder Unternehmen leben. Ein sicherer, gut bezahlter Job ist Grundlage für alle von uns für eine gute, eine bessere Zukunft. Gerade vielen jungen Menschen ist es dabei nicht nur wichtig auch Zeit für Familie und Ehrenamt zu haben, sondern vor allem einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Ein gut bezahlter, unbefristeter Job ist heute insbesondere für junge Menschen aber keine Selbstverständlichkeit. Auch in der Coronakrise steigen die Immobilienpreise fleißig weiter, wird damit ein trauriger Trend der letzten Jahre und Jahrzehnte fortgesetzt: Es profitieren vor allem diejenigen, die Vermögen und Immobilien besitzen, aber nicht diejenigen, die jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen. Deutschland führt weiterhin die Liste der Niedriglohn-Länder mit an, ein Viertel der Beschäftigungsverhältnisse sind prekär und 45% der Neueinstellungen befristet. Tendenz steigend. Die Digitalisierung erhöht den Druck weiter und die Mutmaßungen welcher Job ihr als nächstes zum Opfer fällt, sind in vollem Gange. Damit setzt sich ein Gedanke bei vielen Menschen fest: Werde ich gut genug sein, um mitzuhalten? Schaffe ich es einen sicheren Job zu ergattern? Wir meinen: Keine Frage, keine Sichtweise könnte falscher sein! Sie ist Ausdruck eines in tiefste Ebenen vorgedrungenen kapitalistischen Selbstausbeutungsmechanismus, der die gerechte Verteilung von Arbeit zugunsten der Profitsteigerung Einzelner zum individuellen Problem erklärt. Arbeitslosigkeit wird damit gleichgesetzt, dass man sich nur nicht genug angestrengt habe, dass man nicht genug geleistet habe. Dabei ist die gerechte Verteilung von Arbeit fundamentale Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Es darf nicht länger in die kapitalistische Verwertungslogik eingepreist sein, dass Menschen von einer gemeinsamen Wertschöpfung und identitätsstiftenden Tätigkeit ausgeschlossen werden, damit sie gleichsam als „Reserve“ und Drohkulisse für alle Erwerbstätigen der Profitsteigerung dienen. Eine bessere Zukunft für alle kann es nur geben, wenn wir endlich dazu kommen Arbeit gerecht zu verteilen, den Niedriglohnsektor ein für alle Mal auszutrocknen und prekäre Beschäftigung verhindern. Jeder Mensch hat das Recht darauf einer sinnvollen und guten Arbeit nachzugehen. Hier ist insbesondere das Bedingungslose Grundeinkommen eine fehlgeleitete, oftmals auch neoliberale Idee, die Menschen in letzter Konsequenz abspricht jederzeit selbstbestimmt und eigenverantwortlich einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen zu können. Eine bessere Zukunft ist für uns alle möglich, wenn wir mit der Einführung einer Jobgarantie endlich jedem und jeder ermöglichen einer Arbeit nachzugehen, damit Arbeit gerecht verteilen und gemeinsames Schaffen finanzieren, statt Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit.
Strukturelle Schwäche des deutschen Arbeitsmarktes: Kann es überhaupt Arbeit für Alle geben?
Seit dem Ende der Finanzkrise und bis zum Beginn der “Corona”-Krise erlebte die deutsche Wirtschaft einen beispiellos langen Aufschwung. Trotz am BIP gemessenen guten Jahren und einer hervorragenden Entwicklung im europäischen Vergleich gelang es – abgesehen von einigen wenigen Regionen – nicht, Vollbeschäftigung herzustellen. Eine Sockelarbeitslosigkeit von 5% der Beschäftigten fand auch in dieser historisch langen Zeit des Aufschwungs keine Beschäftigung. Dabei geben die reinen Arbeitslosenzahlen nur einen Teil der Realität wieder. Mit 3,2 Millionen Unterbeschäftigten in 2019 nach Statistiken der Arbeitsagentur, und 16-23% prekär Beschäftigten blieb die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt deutlich hinter den Erwartungen, die man angesichts der guten Entwicklung der deutschen Wirtschaft über Jahre erwarten durfte, zurück.
Auch wenn in Deutschland Jugendarbeitslosigkeit kein so stark verbreitetes Phänomen ist, wie in anderen Ländern, sind junge Menschen besonders häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen anzutreffen, sind betroffen von ungewollter Leiharbeit oder befristeten Arbeitsverhältnissen. Damit leidet insbesondere unsere Generation unter der Unfähigkeit des gegenwärtigen Wirtschaftssystems, Vollbeschäftigung herzustellen.
Dass eine gute wirtschaftliche Entwicklung nicht automatisch zu Vollbeschäftigung führt, lässt sich auch daran erkennen, dass zusätzliches Arbeitsvolumen durch Überstunden anstatt durch zusätzliche neue Arbeitsplätze bewältigt wird. So hat sich der Trend mit einer hohen Überstundenzahl auch im Jahr 2019 mit insgesamt 1,9 Milliarden Überstunden (rund die Hälfte unbezahlt) fortgesetzt.
Unter dem Vorwand scheinwissenschaftlicher Zusammenhänge wie der “Philipps-Kurve“ wird eine hohe Sockelarbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung von der neoliberalen Wirtschaftslogik als Erfordernis hingenommen, um niedrige Inflation zu garantieren. Defacto wirkt diese Arbeitslosigkeit, die “Reservearmee” der Arbeitslosen in vielen Sektoren lohndrückend. Das proklamierte Gegenmittel der Neoliberalen, nämliche weitere “Flexibilisierung” der Arbeitsverhältnisse, drängt das sogenannte Normalarbeitsverhältnis in vielen Bereichen weiter zurück. Dieses vermeintliche Gegenmittel verstärkt damit die problematische Situation auf dem Arbeitsmarkt, anstatt mehr Menschen in gute Beschäftigungsverhältnisse zu bringen.
Zudem verschärft der hohe Anteil prekärer Beschäftigung am deutschen Arbeitsmarkt durch ein künstliches Senken des Lohnkostenniveaus, durch eine damit einhergehende Schwächung der Binnennachfrage und enormen Leistungsbilanzüberschüssen, die Arbeitsmarktkrisen in anderen europäischen Ländern. Damit exportiert Deutschland praktisch Arbeitslosigkeit insbesondere in südliche Länder der Europäischen Union und ist mitverantwortlich für die dortige seit Jahren andauernde Krise mit hoher Arbeitslosigkeit und massiver Jugendarbeitslosigkeit.
Vor dem Hintergrund steigenden Produktivitätswachstum, insbesondere durch Digitalisierung, wird vielfach vor einer sich perspektivisch verschärfenden Situation auf dem Arbeitsmarkt gewarnt und teilweise das “Ende der Arbeit” proklamiert und damit die Angst vor zukünftiger Arbeitslosigkeit und die Bereitschaft der Arbeitnehmer*innen, sich immer mehr dem Lohndruck zu beugen und schlechtere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, erhöht.
Die fortschreitende Klimakrise, die eine massive ökologische Transformation der Wirtschaft notwendig macht, verunsichert viele Beschäftigte, deren Jobs von dieser Transformation betroffen sein werden.
Die Coronakrise hat zudem gezeigt, wie anfällig der Arbeitsmarkt gegenüber externen Schocks ist. Zwar ist es mit dem Mittel der Kurzarbeit für nicht prekäre Beschäftigungsverhältnisse effektiv gelungen, Massenarbeitslosigkeit, wie sie teilweise in anderen Ländern aufgetreten ist, zu verhindern, dennoch kann auch das Instrument des Kurzarbeiter*innengeldes nicht verhindern, dass in Kurzarbeit befindliche Menschen und die von diesen Einkommen abhängige Familien, mit massiven Reallohneinbrüchen in der Zeit der Krise zu kämpfen hatten und haben.
Falsche Freunde
Vor dem Hintergrund dieser seit Jahren unbefriedigenden Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt gewinnen zunehmend Ideen an Zulauf, die scheinbar individuellen Wohlstand unabhängig von Beschäftigung herstellen wollen. Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens gewinnt auch innerhalb der gesellschaftlichen Linken Anhänger*innen. Selbst wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen – was häufig genug der Fall ist – nicht lediglich ein Versuch ist, über die Hintertür Sozialleistungen abzubauen und das System der Bedarfsgerechtigkeit in der sozialen Fürsorge aufzubrechen, ist es unvereinbar mit der Grundannahme, dass Beschäftigung zentrales Instrument für gesellschaftliche Teilhabe ist, sofern sie unter selbstbestimmten Voraussetzungen stattfindet.
Für uns steht die Erwerbsarbeit im Zentrum unseres Gesellschaftsbildes und auch wenn wir anerkennen, dass Menschen Identifikation auch aus vielen anderen Lebensbereichen ziehen, bleibt unfreiwillige Arbeitslosigkeit auch dann ein Problem, wenn Menschen mit einer bedingungslosen Sozialleistung darüber hinweggetröstet werden.
Unzählige Studien belegen, dass eine erfüllende Beschäftigung unter guten Arbeitsbedingungen und bestenfalls einer gut ausgebauten betrieblichen Mitbestimmung, zentraler Bestandteil eines glücklichen Lebens ist.
Angesichts der erheblichen Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft gegenwärtig gegenübersieht, wie der, die marode Infrastruktur auszubessern, die vielfach vernachlässigten Aufgaben im sozialen Bereich auszufüllen und die Jahrhundertaufgabe der klimaneutralen Transformation unserer Industrie zu bewältigen, kann es gesamtgesellschaftlich nicht wünschenswert sein, einen Zustand anzustreben, in dem wir uns mit einer bestehenden hohen Arbeitslosigkeit abfinden und damit Potenzial verschenken, das wir dringend für die vor uns liegenden Zukunftsaufgaben benötigen.
Eine hohe Beschäftigung zu einem hohen Lohnniveau kann zudem effektives Mittel einer gerechteren Primärverteilung sein, die zentraler Ansatzpunktsein kann, der sich seit Jahren weitenden Kluft zwischen Arm und Reich entgegenzuwirken.
Daraus ergibt sich für uns, dass die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, weiterhin im Zentrum unserer Bemühungen steht und wir es als staatliche Aufgabe sehen, Rahmenbedingungen zu gewährleisten unter denen jede*r eine Beschäftigung ergreifen kann, die den individuellen Interessen und Neigungen entspricht und Wohlstand garantiert.
Wenn aber ein Recht auf Arbeit vorausgesetzt wird, dann verträgt sich dieses nicht mit der Vorstellung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Denn in diesem Moment verkommt dieses zu nichts mehr als einer gießkannenartigen Zahlung, die blind für die individuellen Bedürfnisse derer ist, die sie empfangen. Wer ein bedingungsloses Grundeinkommen proklamiert, um das gesellschaftliche Problem der fortbestehenden unfreiwilligen Arbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung zu lösen, der ignoriert, dass das aktuelle Wirtschaftssystem, sowie die politischen Entscheidungen, die Voraussetzung für dieses gesellschaftliche Problem erst geschaffen haben. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist kein Naturgesetz. Das BGE zementiert gesellschaftliche Ungleichheit und soziale Probleme viel eher, als dass es sie löst.
Recht auf Arbeit konkret machen
Die Herausforderung sozialistischer Arbeits- und Wirtschaftspolitik ist es jedoch, das Recht auf Arbeit derart auszufüllen, dass es mehr ist als das Recht auf freie Berufswahl. Es soll einen tatsächlichen Anspruch des Individuums an die Gesellschaft darstellen, wonach es jederzeit die Möglichkeit hat, eine Beschäftigung zu ergreifen, wenn es dies möchte.
Vollbeschäftigung muss Ziel sozialdemokratischer Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik sein.
Unter den Voraussetzungen eines kapitalistischen Arbeitsmarktes kann dies nicht gelingen. Die Überzeugung, ein kapitalistischer, nach der Marktlogik organisierter Arbeitsmarkt könnte Vollbeschäftigung herstellen, ist ein seit den 80ern widerlegter Irrglaube. Gewinnorientierte Unternehmen werden immer nur so viele Beschäftigte einstellen, dass der einzelne Beschäftigte maximal produktiv eingesetzt wird. Die Zurückhaltung des Staates nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern insgesamt die zurückhaltende Ausgaben- bzw. Investitionspolitik des Staates schafft die Voraussetzungen für ein gesellschaftliches System, in dem sich unfreiwillige Arbeitslosigkeit verfestigt.
Es bedarf des Eingreifens eines starken, sozialen Staates und des politischen Willens, das Recht auf Arbeit derart auszufüllen, dass es mehr ist, als die vage Formulierung eines politischen Fernziels.
Ein Mittel, dieses Recht auf Arbeit umzusetzen wird häufig in einer erhöhten Nachfrage des Staates gesehen, also in einer expansiven Fiskalpolitik. Diese allein ist notwendiger Bestandteil des Herbeiführens von Vollbeschäftigung kann diese aber nicht allein gewährleisten.
Einzelne Unternehmen werden auch bei steigender staatlicher Nachfrage niemals ihre Produktion derart erhöhen, dass Vollbeschäftigung eintritt. Stattdessen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass auch bei gesteigerter Nachfrage in manchen Bereichen das Beschäftigungswachstum in diesen Segmenten hinter den Erwartungen zurückbleibt. Teilweise weil die Unternehmen keine Bereitschaft haben, das Risiko einer stärkeren Produktionsausweitung einzugehen, teilweise weil der Ausbau der Kapazitäten nicht ausreichend schnell mit der entsprechenden Nachfrage steigt. Ist das Angebot weniger elastisch als die Nachfrage, fließen die Mittel aus einer höheren staatlichen Nachfrage häufig in die Unternehmer*innengewinne statt in die Hände der Beschäftigten. Derartige Effekte sind beispielsweise im Bereich der Bauwirtschaft zu beobachten. Eine steigende staatliche Nachfrage führt hier derzeit in der Regel eher zu steigenden Preisen, statt einen Aufbau der Produktionskapazitäten und eine damit einhergehende höhere Beschäftigung in gleichen Maßen zu bewirken. Eine kapitalistische Marktwirtschaft bietet damit selbst bei steigender staatlicher Nachfrage nicht die Voraussetzungen für das Herbeiführen von Vollbeschäftigung. Die erhöhte Anfälligkeit des privaten Sektors gegenüber externen Schocks in Krisensituationen ist zudem zu berücksichtigen.
Unfreiwillige Arbeitslosigkeit kann nur dann vermieden werden, wenn der Staat selbst dafür sorgt, dass die Nachfrage nach Arbeit dem gesellschaftlichen Angebot entspricht und nicht, wie unter kapitalistischen Voraussetzungen üblich, dahinter zurückbleibt.
Das Mittel um dies herzustellen, ist eine staatliche Jobgarantie.
Die Jobgarantie
Eine staatliche Jobgarantie ist die gesetzliche Manifestation eines Rechtsanspruchs jedes hier wohnenden Menschen auf eine Anstellung gegen den Staat. Im Ergebnis ist diese damit eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, in der Umsetzung eine fiskalpolitische, die einer Gesellschaft ermöglicht, ihre gesellschaftliche Gesamtproduktion und damit einhergehend ihren Wohlstand zu maximieren. Die Jobgarantie erfüllt eine Ausgleichsfunktion. Sie ermöglicht Beschäftigten, die keine private Beschäftigung aufgrund von schwankender privater Nachfrage auf den privaten Arbeitsmärkten finden, von der Jobgarantie Gebrauch zu machen und in dem Moment aus diesem staatlichen Beschäftigungssektor wieder auszuscheiden, in dem sie eine alternative von ihnen bevorzugte Beschäftigung finden. Damit sollen Unternehmen nicht aus der Verantwortung genommen werden, langfristig stabile Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Vielmehr soll Arbeitnehmer*innen die Unsicherheit genommen werden, in Rezessionen oder Krisen keine Beschäftigung mehr zu haben.
Dabei wird innerhalb dieses staatlichen Beschäftigungssektors der armutsfeste Mindestlohn in Höhe des Tariflohns oder eines armutsfesten Mindestlohns garantiert. Gegebenenfalls sind lokale Anpassungen vorzunehmen.
Wie ist eine Jobgarantie auszugestalten?
Die Beschäftigung derjenigen, die darauf Anspruch erheben, wird am besten in die Hände der Kommunen gelegt. Insofern die Jobgarantie eine Pufferfunktion erfüllt, muss sie mit schwankenden Beschäftigungszahlen umgehen können. Die Jobs sind in Bereichen zu schaffen, in denen der private Sektor es seit Jahren verfehlt, ausreichend und gute Angebote zu schaffen. Klassischerweise sollte es sich dabei um Arbeitsstellen handeln, bei denen der Einstieg in den Job nicht zu schwerfällt.
- Lokales Umweltmanagement
- Unterstützende Beschäftigung im Sozialsektor
- Unterstützung von Vereinen und Kulturinitiativen
- Unterstützung von Familien
- Lokale Daseinsvorsorge
- Pflegeunterstützung
- Kunst und Kultur
- Bautätigkeiten (keine Großprojekte)
Die JG ist dabei kein Ersatz für eine gut ausfinanzierte, öffentliche Daseinsvorsorge. Jedoch kann sie genau diese Lücken füllen, die seit Jahren im Rahmen von privaten Unternehmen oder auch öffentlichen Angeboten in diesen Bereichen aus Ersparnisgründen nicht besetzt werden, die jedoch von hoher Bedeutung für ein funktionierendes Gemeinwesen sind.
Dabei muss den Gemeinden die Freiheit gegeben werden, das Angebot flexibel an die lokalen Bedürfnisse anzupassen.
Ein Anspruch muss dabei sowohl auf Teil- als auch auf Vollzeitbeschäftigung bestehen, um möglichst viele Lebenssituationen abbilden zu können. Dazu gehört auch, dass inklusive Beschäftigungen für Menschen mit körperlich oder altersbedingten Einschränkungen angeboten werden.
Die Jobgarantie soll keine Alternative zu bestehenden Angeboten der Jobcenter sein. Weiterhin sollen den Arbeitssuchenden bei Bedarf Weiterbildungsmöglichkeiten vermittelt werden und unterstützende Maßnahmen angeboten werden. Auch soll die Jobgarantie nicht das Arbeitslosengeld ersetzen. Die Jobgarantie stellt aber eine Rückfalloption dar, auf die Arbeitssuchende jederzeit zurückgreifen können auf der Suche nach einem sinnvollen Beruf, der sinnstiftend und auskömmlich bezahlt ist.
Um sicherzustellen, dass weder im privaten noch im öffentlichen Bereich bestehende Jobs durch die Einführung der Jobgarantie entfallen, sollen sich die Kommunen bei dem Arbeitsministerium mit den Vorschlägen der von ihnen zu schaffenden Jobs bewerben. Dieses überprüft, ob einerseits sichergestellt ist, dass hierdurch nicht andere Beschäftigungen bedroht sind und andererseits keine reinen “Beschäftigungsmaßnahmen” vorliegen, sondern sinnstiftende Tätigkeiten mit einem gesellschaftlichen Mehrwert geschaffen werden. Die Finanzierung soll dabei allerdings nicht auf Projektbasis erfolgen, sondern grundsätzlich dauerhaft sein.
Finanzierung der Jobgarantie
Zunächst gilt es die festzustellen, dass eine Jobgarantie keine klassische Sozialleistung ist, weil für die Ausgaben anders als beispielsweise für Sozialhilfeleistungen ein entsprechender Gegenwert geschaffen wird. Dies ergibt sich durch den Umstand, dass hierdurch keine sinnlosen Tätigkeiten gefördert werden, sondern Beschäftigungen, die entsprechenden gesellschaftlichen Mehrwert stiften. Dies ist auch ein grundlegender Unterschied zum BGE und auch zu aktuellen Sozialleistungen bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, für die kein gesellschaftlicher Gegenwert geschaffen wird.
Eine Finanzierung des Programms muss dabei über die Bundesebene gesichert werden. Dies erfolgt allein schon daraus, dass die Bundesebene durch ihre faktisch höchste geldpolitische Souveränität fiskalisch nahezu uneingeschränkt handlungsfähig ist. Eine Zuteilung der Mittel erfolgt über das Arbeitsministerium an die Kommunen.
Schätzungen aus den USA beziffern die Ausgaben für eine Jobgarantie auf maximal 2% des BIPs (damit lediglich so hoch wie das Ziel der NATO für Militärausgaben). Dabei muss beachtet werden, dass bei einer Übertragung auf deutsche Verhältnisse einerseits das BIP pro Kopf geringer, andererseits wesentlich höhere Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit erfolgen, was die Nettokosten wiederum senken würde. Demgegenüber stehen erhebliche Wohlstandsgewinne durch ein stärkeres Wachstum und positive Gemeinwohleffekte. Es ist dementsprechend davon auszugehen, dass die Nettoausgaben erheblich geringer ausfallen, insofern ihnen starke Einnahmeeffekte gegenüberstehen.
Die Jobgarantie wird tendenziell antizyklisch zur Wirtschaftsentwicklung höhere Ausgaben erfordern. Dies kann ohne negative Effekte durch eine höhere Staatsverschuldung ausgeglichen werden.
Ziele der Jobgarantie
Die Jobgarantie soll das “Recht auf Arbeit” konkret machen. Sie soll vor Existenzängsten durch unfreiwillige Arbeitslosigkeit schützen. Sie soll gesellschaftliche Teilhabe durch sinnstiftende Tätigkeiten bieten, die das Gemeinwohl zu steigern und insbesondere strukturschwachen Regionen helfen, das Gemeinwesen zu stärken. Sie soll die persönliche Weiterentwicklung der Menschen fördern und soziale Stigmatisierung verhindern. Sie soll durch eine wirksame Definition der “bottom-line” des unteren Einkommenslevels, dieses anheben und damit eine gerechtere Primärverteilung ermöglichen. Sie soll den Druck auf den privaten Sektor erhöhen, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu gewährleisten.
Die Jobgarantie soll in doppelter Weise das Versprechen auf eine bessere Zukunft der Sozialdemokratie einlösen. Einerseits indem sie Menschen Ängste vor unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nimmt, andererseits indem sie Gemeinwohlaufgaben bewältigt, die seit Jahren liegen bleiben.
Makroökonomisch wirkt eine Jobgarantie erheblich stabilisierend auf eine Volkswirtschaft. Sie kann in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs die Binnennachfrage effektiv stabilisieren, sozialen Problemen vorbeugen und verhindern, das Produktionslücken auftreten. Außerdem stellt sie einen effektiven Umverteilungsmechanismus zwischen reicheren und schwächeren Regionen innerhalb der Bundesrepublik dar und kann damit wirtschaftliche Angleichung befördern.
Wir fordern
- Die Einführung einer staatlichen Jobgarantie in Form eines Rechtsanspruchs für alle hier Wohnenden
- Die Entlohnung zum jeweiligen Tariflohn bzw. einem fairen, armutsfesten Mindestlohn
- Die lokale Organisation durch Gemeinden zur Schaffung von Beschäftigung in Bereichen der lokalen Daseinsvorsorge im weitesten Sinn
- Die Finanzierung des Programms über die Bundesebene
Änderungsanträge
Status | Kürzel | Zeile | AntragstellerInnen | Text | |
---|---|---|---|---|---|
angenommen | B5_Ä7 | 8 | Nordrhein-Westfalen | Z.8 Ersetze “keine Selbstverständlichkeit” durch „Seltenheit“ | |
angenommen | B5_Ä22 | 9 | Berlin | ersetze nach „weiter“: „wird damit“ durch „und damit wird“ | |
angenommen | B5_Ä34 | 13-14 | Mecklenburg-Vorpommern | Streiche von „Die Digitalisierung“ bis „in vollem Gange.“ | |
angenommen | B5_Ä8 | 24 | Nordrhein-Westfalen | Z. 24 ergänze nach „einer“: „für ihn“ | |
angenommen | B5_Ä9 | 24 | Nordrhein-Westfalen | Ergänze in Z. 24 nach „nachzugehen.“: „Für uns bedeutet Arbeit, dass alle etwas zur Gesellschaft beitragen können, um sich somit auch Teil eines Ganzen zu fühlen. Arbeit ist mehr als nur Lohn verdienen, sondern ist auch ein Baustein des sozialen Gefüges.“ | |
zurückgezogen | B5_Ä19 | 24 | Nordrhein-Westfalen | Z.24 ergänze nach „einer“: „für ihn“ | |
angenommen | B5_Ä1 | 25 | Nordrhein-Westfalen | Z. 25 ersetze "oftmals" mit "manchmal". | |
angenommen | B5_Ä2 | 25 | Nordrhein-Westfalen | Streiche von Z. 25 ",die Menschen" bis Z.27 "können". | |
angenommen | B5_Ä23 | 34, 35 | Berlin | ersetze von „Eine“ bis „Beschäftigten“ durch „Rund 5% der Beschäftigten, die die Sockelarbeitslosigkeit ausmachen“ | |
angenommen | B5_Ä24 | 39 | Berlin | ergänze "Gleichzeitig gibt es einen großen Bedarf an auszuführender Arbeit, der teilweise aktuell nicht gedeckt werden kann." | |
angenommen | B5_Ä10 | 43 | Nordrhein-Westfalen | Z. 43 ergänze nach „herzustellen.“: Genauso sind es oft Frauen, die branchenspezifisch oder weil sie hauptverantwortlich für Careaufgaben sind, in prekären Beschäftigungen gefangen. | |
angenommen | B5_Ä25 | 47 | Berlin | streiche den Satz zur "Philipps-Kurve" | |
angenommen | B5_Ä3 | 59 | Nordrhein-Westfalen | Z. 59 streiche "insbesondere durch Digitalisierung“ | |
zurückgezogen | B5_Ä16 | 69 | Nordrhein-Westfalen | Z.69 Ergänze nach Satzende: "Hinzu kommt die fortwährende Gefahr der missbräuchlichen Verordnung von Kurzarbeit aufgrund der asymmetrischen Machtverhältnisse zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen. Deswegen müssen die Kontrollmechanismen zur Verhinderung der missbräuchlichen Verordnung von Kurzarbeiter*innengeldes geschaffen werden. Mindestens soll ein Anspruch für zu Unrecht in Kurzarbeit geschickte Arbeitnehmer*innen auf vollen Lohnausgleich bestehen, ähnlich wie bei zu Unrecht ausgesprochenen Kündigungen.“ | |
angenommen | B5_Ä38 | 74 | Nordrhein-Westfalen | Ersetze Z 74-78 durch: "Oft genug ist das BGE der Versuch über die Hintertür Sozialleistungen abzubauen und das System der Bedarfsgerechtigkeit in der sozialen Fürsorge aufzubrechen. Auch innerhalb der gesellschaftlichen Linken glauben einige, dass man durch ein bedingungsloses Grundeinkommen Armut bekämpfen könne. Dem ist jedoch nicht so. Und es ist unvereinbar mit der Grundannahme, dass Beschäftigung ein zentrales Instrument für gesellschaftliche Teilhabe ist, sofern sie unter selbstbestimmten Voraussetzungen stattfindet.“ | |
angenommen | B5_Ä17 | 97 | Nordrhein-Westfalen | Ersetze Z. 97 (ab "Denn (...)") bis Z. 103: "Die Gefahr besteht, dass es in diesem Moment zu nichts mehr als einer gießkannenartigen Zahlung verkommt, die blind für die individuellen Bedürfnisse derer ist, die sie empfangen. Das bedingungslose Grundeinkommen geht davon aus, dass Arbeitslosigkeit unvermeidbar ist. Dabei wird jedoch ignoriert, dass das aktuelle Wirtschaftssystem, sowie die politischen Entscheidungen, die Voraussetzung für dieses gesellschaftliche Problem erst geschaffen haben. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist kein Naturgesetz. Das BGE kann gesellschaftliche Ungleichheit und soziale Probleme nicht überwinden." | |
angenommen | B5_Ä21 | 110 | Sachsen | Ergänze in Z. 110: “Wir begrüßen Initiativen für eine Verkürzung der allgemeinen Wochenarbeitszeit, wie sie beispielsweise der DGB eingebracht hat, ausdrücklich.” | |
angenommen | B5_Ä26 | 150 | Berlin | Ergänze: “Menschen, die die Jobgarantie nicht in Anspruch nehmen können oder wollen, darf daraus kein finanzieller oder anderweitiger Nachteil entstehen. Die Annahme bzw. Ablehnung solcher Jobs muss auf freiwilliger Basis erfolgen. Menschen, die besondere Unterstützung und Hilfestellung benötigen, müssen diese erhalten, unabhängig davon, ob sie die Jobgarantie in Anspruch nehmen. Vor allem nach langer Arbeitslosigkeit fällt es einigen Menschen schwer, sich in den herkömmlichen Arbeitsrhythmus mit acht Stunden Arbeitszeit einzufinden. Zu den möglichen Unterstützungsleistungen zählen z. B. psychosoziale Betreuung, Schuldner*innenberatung, Beratungs- und Hilfsangebote bei (psychischen) Erkrankungen.” | |
angenommen | B5_Ä35 | 151 | Rheinland-Pfalz | Ergänze in Z. 151 nach "armutsfest": und altersabsichernd | |
angenommen | B5_Ä20 | 152 | Bayern | Füge ein: Auch für die Europäische Union sehen wir ein Recht auf Arbeit in Form einer Jobgarantie als gutes Mittel an, um erzwungene Arbeitsmigration zu verhindern und strukturschwache Regionen zu stärken. Die Finanzierung müsste dann durch die EU erfolgen, einerseits um eine Strukturförderung zu ermöglichen und andererseits die soziale EU konkret vor Ort begreifbar zu machen. | |
angenommen | B5_Ä27 | 154 | Berlin, Nordrhein-Westfalen | Ersetze ab „können“: „Die Jobs sind vor allem in Bereichen zu schaffen, in denen der private Sektor es seit Jahren verfehlt, ausreichend und gute Angebote zu schaffen. Gleichzeitig haben die Probleme bei der Bewältigung der Zuzüge von Geflüchteten gezeigt, dass der Staat zentrale Aufgaben der Daseinsvorsorge Ehrenamtlichen überlässt. Diese verdienen für ihren Einsatz für diese Gesellschaft Respekt und Wertschätzung. Dennoch übernehmen sie bisweilen Aufgaben, die von derartiger Relevanz für den Staat und die Gemeinschaft sind, dass sie reguläre Erwerbsarbeit sein sollten. Durch öffentlich geförderte Beschäftigung können Arbeitsstellen geschaffen werden wie beispielweise unterstützende Tätigkeiten im Umweltmanagement, im sozialen Sektor, bei Bautätigkeiten oder in anderen kommunalen Bereichen. Es muss sichergestellt werden, dass die Arbeitssuchenden über passende – z.B. persönliche oder soziale – Kompetenzen verfügen und dort Bedarf an einer solchen Tätigkeit besteht, sodass ein angemessener Umfang an Arbeitsbelastung nicht überschritten wird. Die JG soll es aber auch ermöglichen, dass qualifizierte Arbeitskräfte in ihren jeweiligen Branchen beschäftigt werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Jobgarantie als freiwilliges Angebot gesehen wird und Arbeitssuchende im Rahmen ihrer Qualifizierungen, Fähigkeiten und Wünsche beschäftigt werden. Auch kann sie dafür genutzt werden, den Fachkräftemangel in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu bekämpfen, in dem Arbeitssuchende in ihren jeweiligen Tätigkeiten (weiter-) qualifiziert werden. Diese sollen auf einer Positivliste festgeschrieben werden, die bei Bedarf erweitert werden kann. Es muss allerdings vermieden werden, reguläre Beschäftigung durch die Jobgarantie zu verdrängen. Es muss gründlich geprüft werden, welche Tätigkeiten öffentlich gefördert werden. Die Jobs, die durch die Jobgarantie geschaffen werden, sollen im besten Fall auch einen sinnstiftenden Mehrwert für die Arbeitskräfte haben. Wir erkennen aber an, dass nicht für alle Menschen ihre Arbeit ein Teil ihrer Identität ist, sondern Lohnarbeit lediglich auch eine Notwendigkeit zur Lebenserhaltung sein kann. Beide Szenarien sollten bei der JG berücksichtigt werden.“ | |
angenommen | B5_Ä11 | 157 | Nordrhein-Westfalen | Z. 157 streiche ab „Klassischerweise“ bis einschließlich Z. 166 und setze ein: „Hierbei kann es sich um Arbeitsstellen handeln, bei denen der Einstieg in den Job nicht schwerfällt, wie beispielweise unterstützende Tätigkeiten im Umweltmanagement, im sozialen Sektor, bei Bautätigkeiten oder in anderen kommunalen Bereichen. Die JG soll es aber auch ermöglichen, dass qualifizierte Arbeitskräfte in ihren jeweiligen Branchen beschäftigt werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Jobgarantie als freiwilliges Angebot gesehen wird und Arbeitssuchende im Rahmen ihrer Qualifizierungen, Fähigkeiten und Wünsche beschäftigt werden. Auch kann sie dafür genutzt werden, den Fachkräftemangel in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu bekämpfen, in dem Arbeitssuchende in ihren jeweiligen Tätigkeiten (weiter-) qualifiziert werden. Die Jobs, die durch die Jobgarantie geschaffen werden, sollen im besten Fall auch einen sinnstiftenden Mehrwert für die Arbeitskräfte haben. Wir erkennen aber an, dass nicht für alle Menschen ihre Arbeit ein Teil ihrer Identität ist, sondern Lohnarbeit lediglich auch eine Notwendigkeit zur Lebenserhaltung sein kann. Beide Szenarien sollten bei der JG berücksichtigt werden. | |
(noch) nicht behandelt | B5_Ä36 | 157 | Rheinland-Pfalz | Ersetze Z. 157b durch: Dabei könnte es sich um Arbeitsstellen handeln, die vor Ort von Relevanz sind; dazu gehören u.a. | |
angenommen | B5_Ä28 | 171 | Berlin | ergänze nach „Angebot“: „innerhalb der Jobgarantie" | |
angenommen | B5_Ä29 | 174 | Berlin | Ergänze hinter körperlich: „psychisch, geistig“ | |
angenommen | B5_Ä32 | 175 | Saar | Füge ein “(angeboten werden), die ebenfalls zumindest auf dem Lohnniveau des armutsfesten Mindestlohns”. | |
angenommen | B5_Ä4 | 176 | Nordrhein-Westfalen | Z. 176 "Die Jobgarantie soll keine Alternative zu bestehenden Angeboten der Jobcenter sein. Transferleistungen müssen auch dann ausgezahlt werden, wenn eine betroffene Person die Jobgarantie nicht für sich in Anspruch nimmt.” | |
angenommen | B5_Ä12 | 178 | Nordrhein-Westfalen | Z. 178 „Rückfalloption“ und ersetze „Option“ | |
angenommen | B5_Ä13 | 179 | Nordrhein-Westfalen | Z. 179 streiche ab „auf der Suche“ | |
angenommen | B5_Ä30 | 182 | Berlin | ergänze nach "Arbeitsministerium": "der Länder" | |
angenommen | B5_Ä14 | 184 | Nordrhein-Westfalen | Z. 184 streiche „sinnstiftende“ | |
angenommen | B5_Ä5 | 187 | Nordrhein-Westfalen | Z 187 “Langfristig sollte die Jobgarantie auch auf europäischer Ebene realisiert werden. Damit könnten alle Europäer*innen von ihr profitieren und Sozialdumping und soziale Ungleichheit in allen EU-Mitgliedsstaaten gleichermaßen bekämpft wird.” | |
angenommen | B5_Ä37 | 194 | Rheinland-Pfalz | Ersetze Z. 194 durch: Die Jobgarantie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sodass eine Finanzierung des Programms über die Bundesebene gesichert werden muss. | |
angenommen | B5_Ä31 | 204 | Berlin | ersetze „antizyklisch“ durch „entgegengesetzt“ | |
angenommen | B5_Ä15 | 217 | Nordrhein-Westfalen | Z. 217 ergänze: „Die Jobgarantie ist dann am effektivsten, wenn unsere Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich umgesetzt wird. So wird die steigende Produktivität, die durch die Transformation der Arbeit zu sehen ist, auch für Arbeitnehmer*innen zum Vorteil. Ineinandergreifend können die Arbeitszeitverkürzung und die Jobgarantie das Recht auf Arbeit Realität werden lassen.“ | |
angenommen | B5_Ä33 | 226 | Saar | Z. 226: Ersetze durch ”Die Entlohnung zum jeweiligen Tariflohn bzw. einem fairen armutsfesten und alterssichernden Mindestlohn - insbesondere im Hinblick auf junge Menschen und Menschen mit Handycap.” | |
angenommen | B5_Ä6 | 229 | Nordrhein-Westfalen | Z. 229 ergänze “Langfristiger Ausbau der Jobgarantie zu einer europäischen Jobgarantie." |
Und wo soll es für dich beruflich mal hingehen? – keine Frage bewegt das Erwachsenwerden so sehr wie diese. Und wenn wir uns beim ersten Treffen unserem Date vorstellen, fällt der Beruf meist gleich hinter dem Vornamen. Wer wir sind oder wer wir sein wollen – dafür ist sie zentral: Die Arbeit, der wir nachgehen. Die meisten Menschen in unserem Land sind auf sie angewiesen, um sich und ihrer Familie ein gutes Leben zu ermöglichen, können nicht von fünf Mietshäusern in der Metropole oder dem geerbten Aktienfond oder Unternehmen leben. Ein sicherer, gut bezahlter Job ist Grundlage für alle von uns für eine gute, eine bessere Zukunft. Gerade vielen jungen Menschen ist es dabei nicht nur wichtig auch Zeit für Familie und Ehrenamt zu haben, sondern vor allem einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Ein gut bezahlter, unbefristeter Job ist heute insbesondere für junge Menschen aber eine Seltenheit. Auch in der Coronakrise steigen die Immobilienpreise fleißig weiter, und damit wird ein trauriger Trend der letzten Jahre und Jahrzehnte fortgesetzt: Es profitieren vor allem diejenigen, die Vermögen und Immobilien besitzen, aber nicht diejenigen, die jeden Tag ihrer Arbeit nachgehen. Deutschland führt weiterhin die Liste der Niedriglohn-Länder mit an, ein Viertel der Beschäftigungsverhältnisse sind prekär und 45% der Neueinstellungen befristet. Tendenz steigend. Damit setzt sich ein Gedanke bei vielen Menschen fest: Werde ich gut genug sein, um mitzuhalten? Schaffe ich es einen sicheren Job zu ergattern? Wir meinen: Keine Frage, keine Sichtweise könnte falscher sein! Sie ist Ausdruck eines in tiefste Ebenen vorgedrungenen kapitalistischen Selbstausbeutungsmechanismus, der die gerechte Verteilung von Arbeit zugunsten der Profitsteigerung Einzelner zum individuellen Problem erklärt. Arbeitslosigkeit wird damit gleichgesetzt, dass man sich nur nicht genug angestrengt habe, dass man nicht genug geleistet habe. Dabei ist die gerechte Verteilung von Arbeit fundamentale Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Es darf nicht länger in die kapitalistische Verwertungslogik eingepreist sein, dass Menschen von einer gemeinsamen Wertschöpfung und identitätsstiftenden Tätigkeit ausgeschlossen werden, damit sie gleichsam als „Reserve“ und Drohkulisse für alle Erwerbstätigen der Profitsteigerung dienen. Eine bessere Zukunft für alle kann es nur geben, wenn wir endlich dazu kommen Arbeit gerecht zu verteilen, den Niedriglohnsektor ein für alle Mal auszutrocknen und prekäre Beschäftigung verhindern. Jeder Mensch hat das Recht darauf einer für ihn sinnvollen und guten Arbeit nachzugehen. Für uns bedeutet Arbeit, dass alle etwas zur Gesellschaft beitragen können, um sich somit auch Teil eines Ganzen zu fühlen. Arbeit ist mehr als nur Lohn verdienen, sondern ist auch ein Baustein des sozialen Gefüges. Hier ist insbesondere das Bedingungslose Grundeinkommen eine fehlgeleitete, manchmal auch neoliberale Idee. Eine bessere Zukunft ist für uns alle möglich, wenn wir mit der Einführung einer Jobgarantie endlich jedem und jeder ermöglichen einer Arbeit nachzugehen, damit Arbeit gerecht verteilen und gemeinsames Schaffen finanzieren, statt Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit.
Strukturelle Schwäche des deutschen Arbeitsmarktes: Kann es überhaupt Arbeit für Alle geben?
Seit dem Ende der Finanzkrise und bis zum Beginn der “Corona”-Krise erlebte die deutsche Wirtschaft einen beispiellos langen Aufschwung. Trotz am BIP gemessenen guten Jahren und einer hervorragenden Entwicklung im europäischen Vergleich gelang es – abgesehen von einigen wenigen Regionen – nicht, Vollbeschäftigung herzustellen. Rund 5% der Beschäftigten, die die Sockelarbeitslosigkeit ausmachen fand auch in dieser historisch langen Zeit des Aufschwungs keine
Beschäftigung. Dabei geben die reinen Arbeitslosenzahlen nur einen Teil der Realität wieder. Mit 3,2 Millionen Unterbeschäftigten in 2019 nach Statistiken der Arbeitsagentur, und 16-23% prekär Beschäftigten blieb die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt deutlich hinter den Erwartungen, die man angesichts der guten Entwicklung der deutschen Wirtschaft über Jahre erwarten durfte, zurück. Gleichzeitig gibt es einen großen Bedarf an auszuführender Arbeit, der teilweise aktuell nicht gedeckt werden kann.
Auch wenn in Deutschland Jugendarbeitslosigkeit kein so stark verbreitetes Phänomen ist, wie in anderen Ländern, sind junge Menschen besonders häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen anzutreffen, sind betroffen von ungewollter Leiharbeit oder befristeten Arbeitsverhältnissen. Damit leidet insbesondere unsere Generation unter der Unfähigkeit des gegenwärtigen Wirtschaftssystems, Vollbeschäftigung herzustellen. Genauso sind es oft Frauen, die branchenspezifisch oder weil sie hauptverantwortlich für Careaufgaben sind, in prekären Beschäftigungen gefangen. Dass eine gute wirtschaftliche Entwicklung nicht automatisch zu Vollbeschäftigung führt, lässt sich auch daran erkennen, dass zusätzliches Arbeitsvolumen durch Überstunden anstatt durch zusätzliche neue Arbeitsplätze bewältigt wird. So hat sich der Trend mit einer hohen Überstundenzahl auch im Jahr 2019 mit insgesamt 1,9 Milliarden Überstunden (rund die Hälfte unbezahlt) fortgesetzt.
Unter dem Vorwand scheinwissenschaftlicher Zusammenhänge wird eine hohe Sockelarbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung von der neoliberalen Wirtschaftslogik als Erfordernis hingenommen, um niedrige Inflation zu garantieren. Defacto wirkt diese Arbeitslosigkeit, die “Reservearmee” der Arbeitslosen in vielen Sektoren lohndrückend. Das proklamierte Gegenmittel der Neoliberalen, nämliche weitere “Flexibilisierung” der Arbeitsverhältnisse, drängt das sogenannte Normalarbeitsverhältnis in vielen Bereichen weiter zurück. Dieses vermeintliche Gegenmittel verstärkt damit die problematische Situation auf dem Arbeitsmarkt, anstatt mehr Menschen in gute Beschäftigungsverhältnisse zu bringen.
Zudem verschärft der hohe Anteil prekärer Beschäftigung am deutschen Arbeitsmarkt durch ein künstliches Senken des Lohnkostenniveaus, durch eine damit einhergehende Schwächung der Binnennachfrage und enormen Leistungsbilanzüberschüssen, die Arbeitsmarktkrisen in anderen europäischen Ländern. Damit exportiert Deutschland praktisch Arbeitslosigkeit insbesondere in südliche Länder der Europäischen Union und ist mitverantwortlich für die dortige seit Jahren andauernde Krise mit hoher Arbeitslosigkeit und massiver Jugendarbeitslosigkeit.
Vor dem Hintergrund steigenden Produktivitätswachstum wird vielfach vor einer sich perspektivisch verschärfenden Situation auf dem Arbeitsmarkt gewarnt und teilweise das “Ende der Arbeit” proklamiert und damit die Angst vor zukünftiger Arbeitslosigkeit und die Bereitschaft der Arbeitnehmer*innen, sich immer mehr dem Lohndruck zu beugen und schlechtere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, erhöht.
Die fortschreitende Klimakrise, die eine massive ökologische Transformation der Wirtschaft notwendig macht, verunsichert viele Beschäftigte, deren Jobs von dieser Transformation betroffen sein werden.
Die Coronakrise hat zudem gezeigt, wie anfällig der Arbeitsmarkt gegenüber externen Schocks ist. Zwar ist es mit dem Mittel der Kurzarbeit für nicht prekäre Beschäftigungsverhältnisse effektiv gelungen, Massenarbeitslosigkeit, wie sie teilweise in anderen Ländern aufgetreten ist, zu verhindern, dennoch kann auch das Instrument des Kurzarbeiter*innengeldes nicht verhindern, dass in Kurzarbeit befindliche Menschen und die von diesen Einkommen abhängige Familien, mit massiven Reallohneinbrüchen in der Zeit der Krise zu kämpfen hatten und haben.
Falsche Freunde
Vor dem Hintergrund dieser seit Jahren unbefriedigenden Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt gewinnen zunehmend Ideen an Zulauf, die scheinbar individuellen Wohlstand unabhängig von Beschäftigung herstellen wollen. Oft genug ist das BGE der Versuch über die Hintertür Sozialleistungen abzubauen und das System der Bedarfsgerechtigkeit in der sozialen Fürsorge aufzubrechen. Auch innerhalb der gesellschaftlichen Linken glauben einige, dass man durch ein bedingungsloses Grundeinkommen Armut bekämpfen könne. Dem ist jedoch nicht so. Und es ist unvereinbar mit der Grundannahme, dass Beschäftigung ein zentrales Instrument für gesellschaftliche Teilhabe ist, sofern sie unter selbstbestimmten Voraussetzungen stattfindet.
Für uns steht die Erwerbsarbeit im Zentrum unseres Gesellschaftsbildes und auch wenn wir anerkennen, dass Menschen Identifikation auch aus vielen anderen Lebensbereichen ziehen, bleibt unfreiwillige Arbeitslosigkeit auch dann ein Problem, wenn Menschen mit einer bedingungslosen Sozialleistung darüber hinweggetröstet werden.
Unzählige Studien belegen, dass eine erfüllende Beschäftigung unter guten Arbeitsbedingungen und bestenfalls einer gut ausgebauten betrieblichen Mitbestimmung, zentraler Bestandteil eines glücklichen Lebens ist.
Angesichts der erheblichen Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft gegenwärtig gegenübersieht, wie der, die marode Infrastruktur auszubessern, die vielfach vernachlässigten Aufgaben im sozialen Bereich auszufüllen und die Jahrhundertaufgabe der klimaneutralen Transformation unserer Industrie zu bewältigen, kann es gesamtgesellschaftlich nicht wünschenswert sein, einen Zustand anzustreben, in dem wir uns mit einer bestehenden hohen Arbeitslosigkeit abfinden und damit Potenzial verschenken, das wir dringend für die vor uns liegenden Zukunftsaufgaben benötigen.
Eine hohe Beschäftigung zu einem hohen Lohnniveau kann zudem effektives Mittel einer gerechteren Primärverteilung sein, die zentraler Ansatzpunktsein kann, der sich seit Jahren weitenden Kluft zwischen Arm und Reich entgegenzuwirken.
Daraus ergibt sich für uns, dass die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit, weiterhin im Zentrum unserer Bemühungen steht und wir es als staatliche Aufgabe sehen, Rahmenbedingungen zu gewährleisten unter denen jede*r eine Beschäftigung ergreifen kann, die den individuellen Interessen und Neigungen entspricht und Wohlstand garantiert.
Wenn aber ein Recht auf Arbeit vorausgesetzt wird, dann verträgt sich dieses nicht mit der Vorstellung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Gefahr besteht, dass es in diesem Moment zu nichts mehr als einer gießkannenartigen Zahlung verkommt, die blind für die individuellen Bedürfnisse derer ist, die sie empfangen. Das bedingungslose Grundeinkommen geht davon aus, dass Arbeitslosigkeit unvermeidbar ist. Dabei wird jedoch ignoriert, dass das aktuelle Wirtschaftssystem, sowie die politischen Entscheidungen, die Voraussetzung für dieses gesellschaftliche Problem erst geschaffen haben. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist kein Naturgesetz. Das BGE kann gesellschaftliche Ungleichheit und soziale Probleme nicht überwinden.
Recht auf Arbeit konkret machen
Die Herausforderung sozialistischer Arbeits- und Wirtschaftspolitik ist es jedoch, das Recht auf Arbeit derart auszufüllen, dass es mehr ist als das Recht auf freie Berufswahl. Es soll einen tatsächlichen Anspruch des Individuums an die Gesellschaft darstellen, wonach es jederzeit die Möglichkeit hat, eine Beschäftigung zu ergreifen, wenn es dies möchte.
Vollbeschäftigung muss Ziel sozialdemokratischer Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik sein. Wir begrüßen Initiativen für eine Verkürzung der allgemeinen Wochenarbeitszeit, wie sie beispielsweise der DGB eingebracht hat, ausdrücklich.
Unter den Voraussetzungen eines kapitalistischen Arbeitsmarktes kann dies nicht gelingen. Die Überzeugung, ein kapitalistischer, nach der Marktlogik organisierter Arbeitsmarkt könnte Vollbeschäftigung herstellen, ist ein seit den 80ern widerlegter Irrglaube. Gewinnorientierte Unternehmen werden immer nur so viele Beschäftigte einstellen, dass der einzelne Beschäftigte maximal produktiv eingesetzt wird. Die Zurückhaltung des Staates nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern insgesamt die zurückhaltende Ausgaben- bzw. Investitionspolitik des Staates schafft die Voraussetzungen für ein gesellschaftliches System, in dem sich unfreiwillige Arbeitslosigkeit verfestigt.
Es bedarf des Eingreifens eines starken, sozialen Staates und des politischen Willens, das Recht auf Arbeit derart auszufüllen, dass es mehr ist, als die vage Formulierung eines politischen Fernziels.
Ein Mittel, dieses Recht auf Arbeit umzusetzen wird häufig in einer erhöhten Nachfrage des Staates gesehen, also in einer expansiven Fiskalpolitik. Diese allein ist notwendiger Bestandteil des Herbeiführens von Vollbeschäftigung kann diese aber nicht allein gewährleisten.
Einzelne Unternehmen werden auch bei steigender staatlicher Nachfrage niemals ihre Produktion derart erhöhen, dass Vollbeschäftigung eintritt. Stattdessen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass auch bei gesteigerter Nachfrage in manchen Bereichen das Beschäftigungswachstum in diesen Segmenten hinter den Erwartungen zurückbleibt. Teilweise weil die Unternehmen keine Bereitschaft haben, das Risiko einer stärkeren Produktionsausweitung einzugehen, teilweise weil der Ausbau der Kapazitäten nicht ausreichend schnell mit der entsprechenden Nachfrage steigt. Ist das Angebot weniger elastisch als die Nachfrage, fließen die Mittel aus einer höheren staatlichen Nachfrage häufig in die Unternehmer*innengewinne statt in die Hände der Beschäftigten. Derartige Effekte sind beispielsweise im Bereich der Bauwirtschaft zu beobachten. Eine steigende staatliche Nachfrage führt hier derzeit in der Regel eher zu steigenden Preisen, statt einen Aufbau der Produktionskapazitäten und eine damit einhergehende höhere Beschäftigung in gleichen Maßen zu bewirken. Eine kapitalistische Marktwirtschaft bietet damit selbst bei steigender staatlicher Nachfrage nicht die Voraussetzungen für das Herbeiführen von Vollbeschäftigung. Die erhöhte Anfälligkeit des privaten Sektors gegenüber externen Schocks in Krisensituationen ist zudem zu berücksichtigen.
Unfreiwillige Arbeitslosigkeit kann nur dann vermieden werden, wenn der Staat selbst dafür sorgt, dass die Nachfrage nach Arbeit dem gesellschaftlichen Angebot entspricht und nicht, wie unter kapitalistischen Voraussetzungen üblich, dahinter zurückbleibt.
Das Mittel um dies herzustellen, ist eine staatliche Jobgarantie.
Die Jobgarantie
Eine staatliche Jobgarantie ist die gesetzliche Manifestation eines Rechtsanspruchs jedes hier wohnenden Menschen auf eine Anstellung gegen den Staat. Im Ergebnis ist diese damit eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, in der Umsetzung eine fiskalpolitische, die einer Gesellschaft ermöglicht, ihre gesellschaftliche Gesamtproduktion und damit einhergehend ihren Wohlstand zu maximieren. Die Jobgarantie erfüllt eine Ausgleichsfunktion. Sie ermöglicht Beschäftigten, die keine private Beschäftigung aufgrund von schwankender privater Nachfrage auf den privaten Arbeitsmärkten finden, von der Jobgarantie Gebrauch zu machen und in dem Moment aus diesem staatlichen Beschäftigungssektor wieder auszuscheiden, in dem sie eine alternative von ihnen bevorzugte Beschäftigung finden. Damit sollen Unternehmen nicht aus der Verantwortung genommen werden, langfristig stabile Beschäftigungsverhältnisse zu schaffen. Vielmehr soll Arbeitnehmer*innen die Unsicherheit genommen werden, in Rezessionen oder Krisen keine Beschäftigung mehr zu haben. Menschen, die die Jobgarantie nicht in Anspruch nehmen können oder wollen, darf daraus kein finanzieller oder anderweitiger Nachteil entstehen. Die Annahme bzw. Ablehnung solcher Jobs muss auf freiwilliger Basis erfolgen. Menschen, die besondere Unterstützung und Hilfestellung benötigen, müssen diese erhalten, unabhängig davon, ob sie die Jobgarantie in Anspruch nehmen. Vor allem nach langer Arbeitslosigkeit fällt es einigen Menschen schwer, sich in den herkömmlichen Arbeitsrhythmus mit acht Stunden Arbeitszeit einzufinden. Zu den möglichen Unterstützungsleistungen zählen z. B. psychosoziale Betreuung, Schuldner*innenberatung, Beratungs- und Hilfsangebote bei (psychischen) Erkrankungen.
Dabei wird innerhalb dieses staatlichen Beschäftigungssektors der armutsfeste und altersabsichernde Mindestlohn in Höhe des Tariflohns oder eines armutsfesten und altersabsichernden Mindestlohns garantiert. Gegebenenfalls sind lokale Anpassungen vorzunehmen.
Wie ist eine Jobgarantie auszugestalten?
Die Beschäftigung derjenigen, die darauf Anspruch erheben, wird am besten in die Hände der Kommunen gelegt. Insofern die Jobgarantie eine Pufferfunktion erfüllt, muss sie mit schwankenden Beschäftigungszahlen umgehen können. Die Jobs sind vor allem in Bereichen zu schaffen, in denen der private Sektor es seit Jahren verfehlt, ausreichend und gute Angebote zu schaffen. Gleichzeitig haben die Probleme bei der Bewältigung der Zuzüge von Geflüchteten gezeigt, dass der Staat zentrale Aufgaben der Daseinsvorsorge Ehrenamtlichen überlässt. Diese verdienen für ihren Einsatz für diese Gesellschaft Respekt und Wertschätzung. Dennoch übernehmen sie bisweilen Aufgaben, die von derartiger Relevanz für den Staat und die Gemeinschaft sind, dass sie reguläre Erwerbsarbeit sein sollten. Durch öffentlich geförderte Beschäftigung können Arbeitsstellen geschaffen werden wie beispielweise unterstützende Tätigkeiten im Umweltmanagement, im sozialen Sektor, bei Bautätigkeiten oder in anderen kommunalen Bereichen. Es muss sichergestellt werden, dass die Arbeitssuchenden über passende – z.B. persönliche oder soziale – Kompetenzen verfügen und dort Bedarf an einer solchen Tätigkeit besteht, sodass ein angemessener Umfang an Arbeitsbelastung nicht überschritten wird. Die JG soll es aber auch ermöglichen, dass qualifizierte Arbeitskräfte in ihren jeweiligen Branchen beschäftigt werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Jobgarantie als freiwilliges Angebot gesehen wird und Arbeitssuchende im Rahmen ihrer Qualifizierungen, Fähigkeiten und Wünsche beschäftigt werden. Auch kann sie dafür genutzt werden, den Fachkräftemangel in der öffentlichen Daseinsvorsorge zu bekämpfen, in dem Arbeitssuchende in ihren jeweiligen Tätigkeiten (weiter-) qualifiziert werden. Diese sollen auf einer Positivliste festgeschrieben werden, die bei Bedarf erweitert werden kann. Es muss allerdings vermieden werden, reguläre Beschäftigung durch die Jobgarantie zu verdrängen. Es muss gründlich geprüft werden, welche Tätigkeiten öffentlich gefördert werden. Die Jobs, die durch die Jobgarantie geschaffen werden, sollen im besten Fall auch einen sinnstiftenden Mehrwert für die Arbeitskräfte haben. Wir erkennen aber an, dass nicht für alle Menschen ihre Arbeit ein Teil ihrer Identität ist, sondern Lohnarbeit lediglich auch eine Notwendigkeit zur Lebenserhaltung sein kann. Beide Szenarien sollten bei der JG berücksichtigt werden.
Die JG ist dabei kein Ersatz für eine gut ausfinanzierte, öffentliche Daseinsvorsorge. Jedoch kann sie genau diese Lücken füllen, die seit Jahren im Rahmen von privaten Unternehmen oder auch öffentlichen Angeboten in diesen Bereichen aus Ersparnisgründen nicht besetzt werden, die jedoch von hoher Bedeutung für ein funktionierendes Gemeinwesen sind.
Dabei muss den Gemeinden die Freiheit gegeben werden, das Angebot innerhalb der Jobgarantie flexibel an die lokalen Bedürfnisse anzupassen.
Ein Anspruch muss dabei sowohl auf Teil- als auch auf Vollzeitbeschäftigung bestehen, um möglichst viele Lebenssituationen abbilden zu können. Dazu gehört auch, dass inklusive Beschäftigungen für Menschen mit körperlich psychisch, geistig oder altersbedingten Einschränkungen angeboten werden, die ebenfalls zumindest auf dem Lohnniveau des armutsfesten Mindestlohns.
Die Jobgarantie soll keine Alternative zu bestehenden Angeboten der Jobcenter sein. Transferleistungen müssen auch dann ausgezahlt werden, wenn eine betroffene Person die Jobgarantie nicht für sich in Anspruch nimmt. Weiterhin sollen den Arbeitssuchenden bei Bedarf Weiterbildungsmöglichkeiten vermittelt werden und unterstützende Maßnahmen angeboten werden. Auch soll die Jobgarantie nicht das Arbeitslosengeld ersetzen. Die Jobgarantie stellt aber eine Option dar, auf die Arbeitssuchende jederzeit zurückgreifen können.
Um sicherzustellen, dass weder im privaten noch im öffentlichen Bereich bestehende Jobs durch die Einführung der Jobgarantie entfallen, sollen sich die Kommunen bei dem Arbeitsministerium der Länder mit den Vorschlägen der von ihnen zu schaffenden Jobs bewerben. Dieses überprüft, ob einerseits sichergestellt ist, dass hierdurch nicht andere Beschäftigungen bedroht sind und andererseits keine reinen “Beschäftigungsmaßnahmen” vorliegen, sondern Tätigkeiten mit einem gesellschaftlichen Mehrwert geschaffen werden. Die Finanzierung soll dabei allerdings nicht auf Projektbasis erfolgen, sondern grundsätzlich dauerhaft sein. Langfristig sollte die Jobgarantie auch auf europäischer Ebene realisiert werden. Damit könnten alle Europäer*innen von ihr profitieren und Sozialdumping und soziale Ungleichheit in allen EU-Mitgliedsstaaten gleichermaßen bekämpft wird.
Finanzierung der Jobgarantie
Zunächst gilt es die festzustellen, dass eine Jobgarantie keine klassische Sozialleistung ist, weil für die Ausgaben anders als beispielsweise für Sozialhilfeleistungen ein entsprechender Gegenwert geschaffen wird. Dies ergibt sich durch den Umstand, dass hierdurch keine sinnlosen Tätigkeiten gefördert werden, sondern Beschäftigungen, die entsprechenden gesellschaftlichen Mehrwert stiften. Dies ist auch ein grundlegender Unterschied zum BGE und auch zu aktuellen Sozialleistungen bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, für die kein gesellschaftlicher Gegenwert geschaffen wird.
Die Jobgarantie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sodass eine Finanzierung des Programms über die Bundesebene gesichert werden muss. Dies erfolgt allein schon daraus, dass die Bundesebene durch ihre faktisch höchste geldpolitische Souveränität fiskalisch nahezu uneingeschränkt handlungsfähig ist. Eine Zuteilung der Mittel erfolgt über das Arbeitsministerium an die Kommunen.
Schätzungen aus den USA beziffern die Ausgaben für eine Jobgarantie auf maximal 2% des BIPs (damit lediglich so hoch wie das Ziel der NATO für Militärausgaben). Dabei muss beachtet werden, dass bei einer Übertragung auf deutsche Verhältnisse einerseits das BIP pro Kopf geringer, andererseits wesentlich höhere Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit erfolgen, was die Nettokosten wiederum senken würde. Demgegenüber stehen erhebliche Wohlstandsgewinne durch ein stärkeres Wachstum und positive Gemeinwohleffekte. Es ist dementsprechend davon auszugehen, dass die Nettoausgaben erheblich geringer ausfallen, insofern ihnen starke Einnahmeeffekte gegenüberstehen.
Die Jobgarantie wird tendenziell entgegengesetzt zur Wirtschaftsentwicklung höhere Ausgaben erfordern. Dies kann ohne negative Effekte durch eine höhere Staatsverschuldung ausgeglichen werden.
Ziele der Jobgarantie
Die Jobgarantie soll das “Recht auf Arbeit” konkret machen. Sie soll vor Existenzängsten durch unfreiwillige Arbeitslosigkeit schützen. Sie soll gesellschaftliche Teilhabe durch sinnstiftende Tätigkeiten bieten, die das Gemeinwohl zu steigern und insbesondere strukturschwachen Regionen helfen, das Gemeinwesen zu stärken. Sie soll die persönliche Weiterentwicklung der Menschen fördern und soziale Stigmatisierung verhindern. Sie soll durch eine wirksame Definition der “bottom-line” des unteren Einkommenslevels, dieses anheben und damit eine gerechtere Primärverteilung ermöglichen. Sie soll den Druck auf den privaten Sektor erhöhen, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu gewährleisten.
Die Jobgarantie soll in doppelter Weise das Versprechen auf eine bessere Zukunft der Sozialdemokratie einlösen. Einerseits indem sie Menschen Ängste vor unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nimmt, andererseits indem sie Gemeinwohlaufgaben bewältigt, die seit Jahren liegen bleiben. Die Jobgarantie ist dann am effektivsten, wenn unsere Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich umgesetzt wird. So wird die steigende Produktivität, die durch die Transformation der Arbeit zu sehen ist, auch für Arbeitnehmer*innen zum Vorteil. Ineinandergreifend können die Arbeitszeitverkürzung und die Jobgarantie das Recht auf Arbeit Realität werden lassen.
Makroökonomisch wirkt eine Jobgarantie erheblich stabilisierend auf eine Volkswirtschaft. Sie kann in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs die Binnennachfrage effektiv stabilisieren, sozialen Problemen vorbeugen und verhindern, das Produktionslücken auftreten. Außerdem stellt sie einen effektiven Umverteilungsmechanismus zwischen reicheren und schwächeren Regionen innerhalb der Bundesrepublik dar und kann damit wirtschaftliche Angleichung befördern.
Wir fordern
- Die Einführung einer staatlichen Jobgarantie in Form eines Rechtsanspruchs für alle hier Wohnenden
- Die Entlohnung zum jeweiligen Tariflohn bzw. einem fairen armutsfesten und alterssichernden Mindestlohn – insbesondere im Hinblick auf junge Menschen und Menschen mit Handycap.
- Die lokale Organisation durch Gemeinden zur Schaffung von Beschäftigung in Bereichen der lokalen Daseinsvorsorge im weitesten Sinn
- Die Finanzierung des Programms über die Bundesebene
- Langfristiger Ausbau der Jobgarantie zu einer europäischen Jobgarantie.